Mitte der 80er Jahre kam die Kampagne gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie in Deutschland, Europa und den USA auf und führte in der Konsequenz dazu, dass Siegel gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie gegründet wurden (Rugmark und Care & Fair). Die Kinderarbeit in den Produktionsstätten in Uttar Pradesh in Indien ging daraufhin stark zurück.

Es war fast unmöglich geworden, überhaupt noch Kinder an Knüpfstühlen anzufinden, geschweige denn zu fotografieren. Wenn überhaupt, konnte man nur noch wegrennende Kinder ablichten, denn es hatte sich herumgesprochen, dass Kinderarbeit nicht nur verboten ist, sondern dass auch Maßnahmen dagegen getroffen werden.

Aber hatten wir die Herzen der Arbeitgeber erreicht? Hatten diese eingesehen, dass es schlimmste Menschenrechtsverletzungen sind, Kinder zu gesundheitsschädigender und ausbeuterischer Arbeit einzusetzen und ihnen die Schulbildung zu verwehren? Wohl leider nicht, denn: Irgendwann mal war dann das Thema für die Medien „abgefrühstückt“ und es gibt heute weder Artikel in Zeitungen noch werden neue Dokumentationen für das Fernsehen in Auftrag gegeben über Kinderarbeit in der Teppichindustrie.

Und die bittere Konsequenz heute (Herbst 2012): Es ist wieder Kinderarbeit in großem Maße in der Teppichindustrie Indiens anzutreffen und es ist sogar möglich, an einem Tag mehrere hundert Kinder zu fotografieren, ohne belästigt zu werden oder ohne, dass man bedroht wird oder aber die Kinder weggeschickt würden. Es war also in den 90er Jahren viel erreicht worden, aber leider nicht nachhaltig – die Herzen der Ausbeuter, der Arbeitgeber, hatten wir nicht erreicht.

Für mich die Konsequenz: Wir haben in der Kampagne gegen Kinderausbeutung in der Exportsteinindustrie Indiens zwar derzeit erreicht, dass wesentlich weniger Kinder für Natursteine für Deutschland arbeiten, aber wenn es nicht gelingt, auch im Grabstein-Sektor XertifiX, und damit das einzig zuverlässige unabhängige Siegel für indische Grabsteine zu etablieren, wird die Kinderarbeit sofort wieder zunehmen, wenn das öffentliche Interesse nachlässt. Daher ist es meiner Ansicht nach derzeit extrem wichtig, Grabsteinhändler dazu zu bewegen, sich unangekündigt kontrollieren zu lassen. Schaffen wir es, die Blockade zu durchbrechen?

Benjamin Pütter, 16.11.2012


Tipp: Zur Vermeidung von Teppichen aus Kinderarbeit empfehlen wir bei importierten Teppichen unabhängige Siegel wie beispielsweise STEP oder GOODWEAVE