Im Kontext der Arbeit von Kindern an Grabsteinen werden immer wieder Behauptungen aufgestellt, die im Folgenden ausführlicher geprüft werden sollen:

Behauptung 1: Es gibt bei Grabsteinen überhaupt keine Kinderarbeit!

Tatsache ist:
Unangekündigte Besuche in indischen Steinbrüchen haben immer wieder gezeigt, dass dort auch Kinder an Bohrhämmern arbeiten. Dies ist in Fotos dokumentiert, unter anderem auch von einem Fotografen, der für die Süddeutsche Zeitung gearbeitet hat. (siehe: Beitrag)
Die Hochschule Düsseldorf hat zu dieser Frage zudem ein Gutachten erstellt und festgehalten, dass es bei Grabsteinen aus Indien, China, Vietnam und den Philippinen zu Kinderarbeit kommen kann. (siehe: Gutachten/Beitrag)

Behauptung 2: Kinder können gar nicht an Natursteinen in Steinbrüchen arbeiten, da es dort um tonnenschwere Rohblöcke geht, die ja viel zu schwer für Kinder seien!

Tatsache ist: Wenn diese Natursteine für Kinder zu schwer sind, dann sind sie es selbstverständlich auch für die Erwachsenen. Raffiniert: Es wird von Kinderarbeits-Experten gar nicht angenommen oder behauptet, dass die Kinder bei der Arbeit in Steinbrüchen unhebbare Natursteine stemmen müssten. Aber indem so eine fiktive Annahme aufgestellt wird, bedient man sich eines einfachen rhetorischen Kniffs: Erst die Annahme des Gegenübers so karikieren, dass sie als falsche / unsinnige Behauptung in den Raum gestellt wird, um dieser dann vehement zu widersprechen – und in unserem Kontext – damit auch die Gesamtannahme von Kinderarbeit in indischen Steinbrüchen angeblich ad absurdum zu führen. Wie gesagt: Das ist nur ein rhetorischer Kniff, den es zu entlarven gilt.

Behauptung 3: Die Steinbrüche in Indien, wo Rohmaterial für Grabsteine abgebaut werden, sind hoch-industrialisiert, so dass dort keine Kinder arbeiten könnten. Die eingesetzten Maschinen in diesen Steinbrüchen sind alle zu kompliziert, als dass sie von Kindern bedient werden könnten.

Tatsache ist: Es ist richtig, dass es in Indien auch hoch industrialisierte Steinbrüche gibt – in die man ohne Einladung aber gar nicht mehr unangekündigt reinkommt (wie dort also tatsächlich gearbeitet wird, werden wahrscheinlich nur sehr wenige Außenstehende wissen!). Es stimmt aber auch, dass es zahlreiche Steinbrüche in Südindien gibt, in denen „konservativ“ gearbeitet wird: mit Bohrlöchern, in die entweder Sprengladungen gefüllt werden oder die für Diamantsägen benötigt werden. Diese Löcher werden jedoch mit Presslufthämmern gesetzt – und genau an solchen Maschinen wurden immer wieder Kinderarbeiter (nach Definition der Konvention 182 der IAO) gefunden. Das ist der entscheidende Punkt.

Behauptung 4: Es kann überhaupt nicht gewährleistet werden, dass die Grabsteine bis zum Steinbruch zurückverfolgt werden können. Ein Steinmetz kann ja gar nicht jede Lieferkette kontrollieren und sicherstellen, dass dort keine Kinder gearbeitet haben.

Tatsache ist: Das muss der Steinmetz auch gar nicht selbst überprüfen. Dafür gibt es externe „Dienstleister“, die darauf spezialisiert sind.

XertifiX kontrolliert beispielsweise seit vielen Jahren Lieferketten von Natursteinen und stellt die Siegel für die Natursteine dann aus, wenn die Lieferkette bis zum Steinbruch zurückverfolgt werden kann und die Zertifizierungs-Anforderungen in den Produktionsstätten erfüllt werden. M.a.W. wenn Grabsteine mit dem XertifiX Siegel zertifiziert wurden, dann wurde auch der Steinbruch unangekündigt kontrolliert und hierdurch unter anderem sichergestellt, dass dort (zum Zeitpunkt der unangekündigten Kontrollen) keine Kinderarbeiter vorgefunden wurden. Dies ist wichtig zu wissen für die Angehörigen, die Händler und Steinmetze, die Friedhofsverwaltungen und die PolitikerInnen, die die Friedhofsgesetzgebung ändern.

Wenn Sie also in Zukunft jemandem begegnen, der behauptet, dass es bei indischen Grabsteinen gar keine Kinderarbeit geben kann, dann können Sie guten Gewissens antworten, dass dies schlichtweg Quatsch ist.

Das heißt nicht, dass indische Grabsteine immer mit Kinderarbeit produziert werden. Das wäre genauso Unsinn (und wird auch keiner seriös behaupten)! Das heißt aber sehr wohl, dass man bei indischen Grabsteinen immer durch regelmäßige und zuverlässige (!), unangekündigte (!) Kontrollen sicherstellen sollte, dass die Grabsteine tatsächlich auch nicht mit Kinderarbeit hergestellt wurden.